Mittwoch, 26. Dezember 2007

Wahrnehmung und Kontakt in der Behandlung entwicklungsauffälliger Kinder

Einleitung
Wir diagnosezieren und behandeln Kinder mit Wahrnehmungsstörung in der Regel funktional, da wir aus einer Hypothese ausgehen, alles was klinisch festgemacht oder gemessen wird, objektiv und funktional ist, so dass auch entsprechende Methoden zu Behandlung eingesetzt werden, die ebenso funktional sind. Dieses medizinisch orientierte System entspringt aus dem Ursache – Wirkung – Modell, das uns besagt, dass zur Behandlung eine oder mehrere Ursache(n) festzumachen wären, die direkt angegangen werden sollen.

Beispiele:
1. ein bakterielle Infektion ergibt eine antibiotische Behandlung!
2. eine Cerebralparese ergibt eine physiotherapeutische Behandlung!
3. eine Wahrnehmungsstörung ergibt eine funktionelle Behandlung!

Bleiben wir bei dieser Hierarchie, so ist es interessant diese Beispiele zu kontextualisieren:
1. Eine medizinische Krankheit erfordert eine direkte Behandlung, hier ist der Fokus genau definiert, eine bakterielle Infektion erfordert eine antibiotische Behandlung! Darüber würden sich die wenigsten streiten!
2. Bei der CP wird es kritischer, denn eine physiotherapeutische Behandlung allein macht noch keine ausreichende Voraussetzung zur Förderung motorischer Funktionen, zusätzliche Maßnahmen wie Kontakt und Ganzheitlichkeit in der Behandlung sind wichtige Bestandteile einer Therapie, ohne die der Zugang zur Motorik evtl. versperrt bleibt!
3. Bei einer Wahrnehmungsstörung wird die Kontextualisierung noch schwieriger, wenn wir nur funktional arbeiten würden. Kontakt, Beziehung und Beziehung scheinen auch unter den funktional orientierten Therapeuten gebräuchliche Begriffe geworden zu sein.
4. Bei emotional und sozial auffälligen Kindern setzt man die Priorität deutlicher auf die psychosoziale Ebene d.h. Kontakt und Beziehung sind wesentliche Faktoren zur Behandlung solcher Kinder. Funktionelle Faktoren soll in der Regel Werkzeuge zur Realisierung des Hauptzieles im psycho - emotionalen und sozialen Bereich.
Seit Frostig, Ayres und Affolter hat sich eine Entwicklung angebahnt, Wahrnehmungsstörungen immer mehr funktionaler zu betrachten und behandeln, und es kommen immer mehr Störungen aus dem psychisch – emotionalen und sozialen Bereich hinzu, die immer mehr funktionell erklärt werden, so dass wir schon jetzt von einer Funktionalisierung psychischer, emotionaler und sozialer Probleme sprechen können.
Also wir haben mit einer Umkehrung der Situation zu tun. Vieles auch Fragliches wurde früher zu Psychogese gezählt, heute findet eine Umkehrung statt. Das Interesse an Beziehung, Kontakt und Dynamik psychischer Strukturen läßt nach, es etabilieren sich funktionlaer und organisch erklärte Modelle, sowie wir es bei der Eskalierung bei den hyperkinetischen Störungen, indem inzwischen modern ist alles was mit Aufmerksamkeits - und Unruhe - Problemen als funktionell – organisch zu erklären und definieren. Beziehungsprobleme werden z.Zt. derart ignoriert, so dass man langsam Sorge entwickelt, wie es mit diesen Kindern bestellt sein wird, wenn wir alle „ in diesen Strom mitschwimmen“ würden „.


Wie entwickelt sich die Wahrnehmung?
Die Wahrnehmung eines Kindes entwickelt sich aus zwei wichtigen Faktoren
1. Reife der organischen Strukturen
2. Bedeutung dieser in Hinsicht auf ihrem Einsatz ( funktionelle Bedeutung) und Beziehung (sozialer Bedeutung)
Funktionelle Unreife behindert soziale Bedürfnisse und umgekehrt soziale Unreife behindert die funktionellen Bedürfnisse und somit die Entwicklung.

Wir beobachten bei Therapien häufig, dass:
· Kinder mit Wahrnehmungsstörung öfter Probleme im sozialen Bereich haben, sodass es erst wichtig wird, mit ihnen Kontakt herzustellen!
· Kinder mit sozio – emotionalen Problemen häufig Auffälligkeiten im sensorischen Bereich zeigen, jedoch mit Problemen im taktilen Bereich wie z.B. Abwehr oder Distanzlosigkeit, im propriozeptiven, indem sie propriozeptive Reizen aufsaugen oder im vestibulären Bereich wie Unterinformation, die ständig rennen, sich zurückziehen oder verharren.

Unabhängig von der primären Störung( sensorisch oder sozio – emotional ) sollte man sich fragen,
wie Wahrnehmung und Kontaktverhalten des Kindes zueinander stehen?
1. Bei primär wahrnehmungsauffälligen Kindern:
1.1 In Einzelsituation
· Input
· wie geht das Kind mit (Kontakt)-Angeboten um?
· wie ist der Blickkontakt bei der Begegnung?
· wie geht es mit Aufforderungen um?
· Output
· wie zeigt es eigene Bedürfnisse? Welche Signale, welche Form? Auf welchen Weg? Verhalten, Handlungen, Sprache?
· wie verhält sich, wenn man auf diese nicht eingeht? macht es auf sich weiter aufmerksam? Negativ oder positiv? Zieht es zurück?
· wie holt sich das Kind sein sensorisches Bedürfnis, so dass es angefaßt angeschaut oder gehört wird?

1.2 In Gruppensituation
wir haben mit folgenden Konstellation:
· ein Therapeut und zwei Kinder
· zwei Therapeuten und zwei Kinder und
· ein oder mehrere Therapeuten und mehr als zwei Kinder
In der Gruppensituation sind mehrere Konstellation möglich,
· Handelt es sich um eine dyadische oder triadische ...Beziehung?
· Agieren die Kinder für sich ohne Bezug zur Therapeutin?
· Beziehen die Kinder die Therapeutin ein, wenn ja, dann wie?
· lassen sie sich auf Abgebote ein oder verhindern sie sie?
· was bewirkt der Input der Therapeutin? Ordnet bzw. führt zu einer gewissen Ordnung oder bewirkt eine positive Dynamik?
· Wie gehen die Kinder mit dem Input weiter um? polen sie den Input in destruktive Dynamik um?

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